"Die Reha macht es leichter, den Schalter umzulegen."

Markus W., technischer Kaufmann, war 2014 Patient in einer kardiologischen Reha-Klinik in Baden-Württemberg.

Markus W., technischer Kaufmann, war 2014 Patient in einer kardiologischen Reha-Klinik in Baden-Württemberg.

Ich habe 50 bis 55 Arbeitsstunden pro Woche gearbeitet, die letzten 14 Jahre lang. Als Dienstleister war ich natürlich auch samstags zu erreichen. Im Zweifel habe ich lieber alles selbst gemacht, als etwas zu delegieren. Ich hatte ja die Verantwortung … Ich hatte kaum Zeit nachzudenken, war nur ein Rädchen im Getriebe. Zu Hause wartete auch immer Arbeit. Wir leben auf einem umgebauten Bauernhof, da ist viel Fläche zu pflegen. Und ich wollte auch meiner Familie gerecht werden: Es kann doch nicht sein, dass die Familie immer zurückstecken muss! Meine Frau hat mir den Rücken freigehalten, sich um die Familie gekümmert, ums Ehrenamt, dazu Teilzeit gearbeitet. Auch deshalb hatte ich immer ein schlechtes Gewissen.

"Plötzlich: Druck auf der Brust."

Dann, eines Abends, spürte ich plötzlich diesen Druck auf der Brust. Er strahlte in beide Arme aus. Ich dachte, das sei Sodbrennen. Zum Glück hat meine Frau sofort reagiert und den Notarzt gerufen. Dann stand schnell fest: Herzinfarkt.

Mit einem Ballon wurde das verstopfte Gefäß erweitert. Danach war ich noch eine Woche im Akut-Krankenhaus, dann zehn Tage zu Hause, bis ich die Reha starten konnte. Mein Herz machte weiter Probleme. Ich habe Herzrhythmusstörungen, bei Anstrengungen flimmert das Herz. Auch jetzt, in der Reha-Klinik, gehen die Untersuchungen weiter, ich muss viele Medikamente nehmen. Aber seit ein paar Tagen habe ich das Gefühl: Es geht aufwärts.

"Ich häufe Wissen an, übe kontrolliert, tausche mich mit Kameraden aus ..."

Ich bin erst seit eineinhalb Wochen in der Reha. Schon jetzt habe ich Wissen wie noch nie angehäuft. Wie kann ich künftig Stress vermeiden? Wie ernähre ich mich besser? Wie wirken meine Medikamente? Im Job hatte ich versucht, mit Atemtechniken aus Büchern irgendwie `runterzukommen´. Jetzt übe ich mit Profi-Anleitung autogenes Training. Danach fühle ich mich jedes Mal rundum erfrischt. Ich muss auch abnehmen, um mein Herz zu entlasten. In der Ernährungsberatung lerne ich viele Zusammenhänge kennen. Früchte sind gesund, klar – aber welche Früchte enthalten viel Fruchtzucker? Mein Sport war Badminton, aber das ist Gift fürs Herz. Jetzt beginne ich ganz kontrolliert mit Ausdauersport.

Die Reha erleichtert es mir ungemein, den Schalter umzulegen. Diese Phase hilft, den Körper zu beruhigen, meine neue Aufgabe in Angriff zu nehmen. Denn mir ist klar: Ich kann nicht so weitermachen, wie vor dem Infarkt. Die Gespräche mit der Psychologin, die Erweiterung meines Wissens und auch die richtigen Medikamente nehmen mir die Angst vor der Zukunft. Noch gelingt das nicht zu 100 Prozent. Aber ich glaube jetzt schon, dass ich etwas ändern kann.

Wichtig ist auch: Ich erlebe hier, dass ich nicht der Einzige bin. Ich kann mich hier mit Menschen mit ähnlichen Erfahrungen austauschen - ich habe Kameraden.

"Ist mein Können nicht wie bares Geld?"

Auf dem Arbeitsmarkt biete ich 30 Jahre Wissen und Können. Eine Berufserfahrung wie meine ist wichtig für den Standort Deutschland. Dank der Reha werde ich weiter arbeiten können. Ich weiß jetzt: Ich muss nicht mehr alles selber machen. Aber ich kann meine Erfahrung an Jüngere weitergeben. Ist das nicht wie bares Geld für den deutschen Staat?

Der erste Herzinfarkt ist oft ein "Warnschuss". Jetzt heißt es: Stress abbauen, gesund ernähren, mehr bewegen. Eine Reha hilft dabei, das Leben dauerhaft umzustellen. So kann Reha Leben retten. Umsonst ist keine Reha. Deshalb fordern wir: keine Reha-Steuerung nach Kassenlage. Jede medizinisch notwendige Reha muss finanziert werden.