02.07.2014

BWKG-INDIKATOR 1/2014 zeigt keine Entspannung bei den Finanzen der Gesundheitseinrichtungen

Reumann: Behandlungskapazitäten schon bald zu gering

„Bei der finanziellen Situation der Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen im Land ist keine Entspannung in Sicht“, fasst der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Thomas Reumann, die zentralen Ergebnisse des BWKG-Indikators 1/2014 zusammen: 48,7 % der Krankenhäuser, 47,8 % der Reha-Einrichtungen und 39,7 % der Pflegeeinrichtungen haben das Jahr 2013 mit roten Zahlen abgeschlossen. „Die gute Gesundheitsversorgung der Menschen im Land muss erhalten werden. Dazu muss die faire und verlässliche Finanzierung der Gesundheitseinrichtungen ganz oben auf der politischen Agenda stehen“, so Reumann.

Nach dem aktuellen BWKG-Indikator hat jedes zweite Krankenhaus im Land im Jahr 2013 rote Zahlen geschrieben. Trotz der finanziellen Entlastungen, die die Bundesregierung den Krankenhäusern für die Jahre 2013 und 2014 zugestanden hatte, zeigt der BWKG-INDIKATOR keine Entspannung der Situation. „Die Finanzhilfen waren richtig, haben aber nur die steigenden Kosten aufgefangen. Die Kliniken schieben aber noch große Defizite vor sich her, die nicht abgebaut wurden“, so der Vorstandsvorsitzende, der auch Reutlinger Landrat ist. Wenn die Politik nicht handelt, werde sich das Problem noch weiter verschärfen. Denn die finanziellen Entlastungen laufen teilweise Ende 2014 aus. Ab 2015 könnten im Land 60 Millionen Euro fehlen, was 1.100 Stellen im Pflegedienst entsprechen würde. „Wir erwarten, dass die Bundesregierung hier schnell hilft und zwar noch bevor die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Ergebnissen kommt“, fordert Reumann.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Arbeitsgruppe soll eine Krankenhausreform auf den Weg bringen, die voraussichtlich ab 2016 wirksam werden wird. „Es ist unverständlich, dass das Land Baden-Württemberg in dieser für die Krankenhäuser zentral wichtigen Bund-Länder-AG nicht vertreten ist“, so Reumann. Denn es gehe hier um bedeutsame Weichenstellungen für die Zukunft der Krankenhäuser im Land. Neben der Finanzierung der Betriebskosten müsste auch die Finanzierung der Investitionskosten langfristig gesichert werden. Bundesweit wird der Investitionsbedarf der Krankenhäuser auf 6 Milliarden Euro im Jahr beziffert, finanziert werden gerade einmal 2,7 Milliarden. „Es wird Zeit, dass Bund und Länder gemeinsam die Verantwortung für die Investitionen in den Krankenhäusern übernehmen“, so Reumann.

Außerdem stehe die Gestaltung der künftigen Krankenhausstrukturen auf der Agenda der Bund-Länder-AG. „Wichtig ist, dass unter Strukturwandel nicht einfach Kapazitätsabbau verstanden wird“, unterstreicht der Vorstandsvorsitzende. Hier sei ein grundsätzliches Umdenken erforderlich und das Land sollte unbedingt seinen Einfluss geltend machen. „Ich warne dringend vor einem undifferenzierten Kapazitätsabbau bei den Krankenhäusern, der die Versorgung der älter werdenden Menschen im Land gefährden würde. Wir müssen schon heute mitdenken, was wir morgen an Strukturen brauchen werden“, so Reumann. Schon in wenigen Jahren werden die bestehenden Kapazitäten nicht mehr ausreichen, um die Bevölkerung zu versorgen. Dies geht aus dem aktuellen Deloitte Health Care Indicator hervor, der eine Unterversorgung bei den Krankenhausbetten im Land bereits ab dem Jahr 2020 prognostiziert.

Auch die wirtschaftliche Situation der Reha-Einrichtungen ist nach wie vor außerordentlich problematisch. 47,8 % der Einrichtungen haben das Jahr 2013 mit roten Zahlen abgeschlossen. „Die Arbeit der Reha-Einrichtungen muss endlich so geschätzt und finanziert werden, wie sie das verdienen“, erklärt Matthias Einwag, Hauptgeschäftsführer der BWKG. Ein Rechtsanspruch auf eine angemessene Finanzierung sei überfällig. Denn die Rehabilitationseinrichtungen in Baden-Württemberg leisten hervorragende Arbeit. Sie sorgen für eine Verbesserung der Lebensqualität der Patienten und sie entlasten die Sozialversicherung. „Die Renten- und die Pflegeversicherung sparen durch die erfolgreichen Rehabilitationen bares Geld“, so Einwag. Durch die Rückkehr der Patienten in den Beruf oder die Verhinderung oder zumindest die zeitliche Verschiebung von Pflegebedürftigkeit ergäben sich erhebliche Einsparungen. Positiv sei, dass im Rentenpaket der Reha-Deckel in der Rentenversicherung zumindest angehoben werde. Eine völlige Aufhebung des Rentendeckels sei trotz der belegten Einsparungen allerdings nicht vorgesehen.

Bei den geriatrischen Reha-Einrichtungen schrieben sogar 76,2 % der Einrichtungen 2013 rote Zahlen. Die finanzielle Situation der geriatrischen Reha-Einrichtungen hat sich damit auf weiter schlechtem Niveau leicht verbessert. „In den vergangenen Jahren mussten mehrere geriatrische Reha-Kliniken wegen der unzureichenden Finanzierung schließen. Ein wichtiges Signal ist, dass die Krankenkassen im Rahmen der Überarbeitung des Geriatriekonzepts spürbare Vergütungssatzsteigerungen mit einzelnen Einrichtungen vereinbart haben“, unterstreicht der Hauptgeschäftsführer. Diese werden unter dem Strich aber nicht ausreichen, um die wohnortnahe Versorgung langfristig zu sichern.

Die wirtschaftliche Situation der Pflegeeinrichtungen ist nach wie vor schwierig. 39,7 % der Pflegeeinrichtungen haben das Jahr 2013 mit roten Zahlen abgeschlossen. Vor allem durch die jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und die Entscheidungen der Schiedsstelle hat sich die Situation leicht entspannt. Danach haben die Einrichtungen einen Anspruch auf die Finanzierung der tariflichen Personalkosten. „Es bleibt aber abzuwarten, ob diese Entspannung von Dauer sein wird“, so Reumann. Denn die kommenden Herausforderungen seien enorm. So rechne das Statistische Landesamt mit einem Anstieg der Pflegebedürftigen im Land bis 2030 um 37 %. Und um diese zu pflegen, werden im Land viele zusätzliche Pflegekräfte benötigt.

„Angesichts der demografischen Entwicklung sind die großen Schwierigkeiten, Altenpflegeschüler zu finden, alarmierend“, so der Vorstandsvorsitzende. 46,9 % der Pflegeeinrichtungen haben nach den Zahlen des BWKG-INDIKATORS Probleme Altenpflegeschüler zu finden. „Damit die Ausbildung in der Altenpflege eine Zukunft hat, muss ihre Finanzierung sichergestellt werden“, so Reumann. Aktuell befasst sich eine weitere Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit der Frage, ob und wie die unterschiedlichen Pflegeberufe zusammengefasst werden können und wie die Ausbildung finanziert wird. „An dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe ist das Land beteiligt und ich fordere, dass es möglichen Ergebnissen nur zustimmt, wenn eine solide Finanzierung aller Pflegeberufe sichergestellt ist“, so Reumann. Ansonsten sei der demografische Wandel in der Altenpflege genauso wenig zu bewältigen wie in den Krankenhäusern und den Reha-Kliniken.

 

Bei der Umfrage zum BWKG-INDIKATOR befragt die BWKG die Geschäftsführer der Mitgliedseinrichtungen (Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen) halbjährlich zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und der Arbeitsmarktentwicklung. Das Ergebnis des BWKG-Indikators Frühjahr 2014 ist als Anlage beigefügt.