18.05.2016

BWKG-Indikator 1/2016: Geld für Personal und Investitionen fehlt

Piepenburg: Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen brauchen Engagement der neuen Landesregierung

„Den Gesundheitseinrichtungen fehlt Geld für zusätzliches Personal und notwendige Investitionen“, fasst der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Detlef Piepenburg, zentrale Ergebnisse des aktuellen BWKG-Indikators (1/2016) zusammen. 2015 hatten noch immer 42,8 % der Krankenhäuser, 43,6 % der Reha-Einrichtungen und 32,2 % der Pflegeeinrichtungen ein Defizit. „Diese finanzielle Situation bereitet weiterhin ernsthafte Sorgen, zumal ein Großteil der Einrichtungen nicht mit einer Verbesserung ihrer Situation in den kommenden zwölf Monaten rechnet“, so Piepenburg weiter.

„2015 hatten beispielsweise zwei Drittel der Krankenhäuser im Land keinen Jahresüberschuss. Und die jüngste Krankenhausreform mit dem Krankenhausstrukturgesetz wird an dieser finanziellen Misere nichts ändern. Nicht in diesem und auch nicht im kommenden Jahr“, erläutert der Vorstandsvorsitzende, der auch Landrat des Kreises Heilbronn ist. Daher sei es nicht überraschend, dass zwei Drittel der Krankenhausgeschäftsführer in der Indikator-Umfrage angeben, in 2016 kein zusätzliches Pflegepersonal einstellen zu können. Die baden-württembergischen Krankenhäuser und ihre Patienten werden außerdem kaum vom neuen Pflegestellen-Förderprogramm profitieren können. Denn darin werden die Kosten für das zusätzliche Personal nur anteilig finanziert.

 „Die Krankenhäuser im Land leiden darunter, dass strukturelle Unterschiede zwischen den Bundesländern im deutschen Krankenhausfinanzierungssystem weitgehend unberücksichtigt bleiben“, betont Piepenburg. Das führe dazu, dass die überdurchschnittlichen Kosten der Kliniken im Südwesten vor allem beim Personal nicht finanziert werden.

 „Wenn im Hochlohnland Baden-Württemberg schon die Kosten für das bestehende Personal nur unzureichend bezahlt werden, können die Kliniken keine neuen Pflegekräfte einstellen, auch nicht im Rahmen des Pflegestellenförderprogramms“ so Piepenburg. Vor diesem Hintergrund sei es zu begrüßen, dass sich die neue grün-schwarze Landesregierung für eine bessere Berücksichtigung des Personals in den Fallpauschalen einsetzen wolle. „Es muss im Gesetz klar verankert werden, dass das überdurchschnittliche Lohnniveau bei der Festlegung der Krankenhauserlöse berücksichtigt wird“, fordert Piepenburg. Das Geld dafür sei vorhanden. Schließlich führten überdurchschnittlich hohe Löhne der Klinikbeschäftigten auch zu überdurchschnittlich hohen Arbeitgeberbeiträgen zur Krankenversicherung.

 „Die Krankenhäuser brauchen aber nicht nur bei den Betriebskosten, sondern auch den Investitionen eine bessere Finanzausstattung“, macht der Vorstandsvorsitzende deutlich. Zwar seien die Investitionsmittel in den vergangenen Jahren dankenswerterweise deutlich erhöht worden. Sie lägen aber immer noch deutlich unter dem notwendigen Niveau. „Bei der Aufstockung der Investitionsfinanzierung hätten wir uns in der Koalitionsvereinbarung eine eindeutige Festlegung gewünscht. Wir hoffen, dass sich zumindest die dringend notwendige Aufstockung der Pauschalförderung im Kapitel „DIGITAL@BW“ versteckt. Denn die Digitalisierung in den Krankenhäusern stellt in den kommenden Jahren eine große Herausforderung dar, der wir uns stellen müssen.“, so Piepenburg.

 Auch die wirtschaftliche Situation der Reha-Einrichtungen ist nach wie vor problematisch. 43,6 % der Reha-Einrichtungen hatten in 2015 rote Zahlen und nur 20,5 % konnten einen Gewinn verzeichnen. „Die Reha-Einrichtungen leben von der Substanz“, macht der Hauptgeschäftsführer der BWKG, Matthias Einwag, deutlich. Denn neben der unzureichenden Finanzierung der Betriebskosten bereite auch die mangelnde Finanzierung der Investitionen große Probleme. 62,7 % der Reha-Einrichtungen stellen fest, dass mit den Pflegesätzen die Investitionskosten nicht finanziert werden können. Fast die Hälfte der Reha-Einrichtungen (48,7 %) verschieben notwendige Investitionen.

 „Hier steht die Zukunft der Reha-Einrichtungen im Land auf dem Spiel“, betont Einwag. Daher sei es sehr zu begrüßen, dass die neue Landesregierung dem Thema Rehabilitation einen breiten Raum im Koalitionsvertrag einräumt. Die Koalition fordere einen Rechtsanspruch auf eine leistungsorientierte Vergütung. Jede medizinisch notwendige Rehabilitation solle genehmigt und finanziert werden. Außerdem solle der Grundsatz „Reha vor Pflege“ mit Leben gefüllt werden. „Wir hoffen, dass die Landesregierung die Kraft hat, diese Vorhaben auf der Bundesebene durchzusetzen“, unterstreicht Einwag.

 Bei den Pflegeeinrichtungen hat sich die wirtschaftliche Situation in den letzten Jahren etwas verbessert. Dennoch haben 32,2 % der Pflegeeinrichtungen das  Jahr 2015 mit roten Zahlen abgeschlossen. Den Einrichtungen machen zurzeit vor allem die Personalknappheit sowie neuen Vorgaben des Landes zu schaffen.

 82,9 % der Einrichtungen sagen, dass die Besetzung von freiwerdenden Stellen in der Pflege schwierig oder eher schwierig ist – das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Umfragen. Auch bei den Pflegehilfskräften wird die Lage immer schwieriger: Hier wurde mit 46,1 % der Höchstwert seit Beginn der Indikator-Umfragen erreicht. „Der Fachkräftemangel ist für die Pflegeeinrichtungen ein riesiges Problem. Wir müssen alles dafür tun, um die Attraktivität des Altenpflegeberufs zu steigern und mehr Menschen dafür zu gewinnen.“ Außerdem sei darauf zu achten, dass durch das Pflegeberufegesetz, das derzeit im Bundestag beraten wird, keine unerwünschten Effekte ausgelöst werden.

 „Die Landesheimbauverordnung und die Landespersonalverordnung müssen mit Augenmaß umgesetzt werden. Ansonsten könnten Kapazitäten abgebaut werden, die in der Zukunft dringend benötigt werden“, stellt Einwag klar. Denn aufgrund der demografischen Entwicklung sei zu erwarten, dass trotz des Ausbaus der ambulanten und teilstationären Unterstützungsmöglichkeiten der Bedarf an stationärer Pflege zunehmen wird. „Wir begrüßen es daher sehr, dass die neue grün-schwarze Landesregierung die Landesheimbauverordnung und die Landespersonalverordnung überprüfen will“, so Einwag.

 

Bei der Umfrage zum BWKG-INDIKATOR befragt die BWKG die Geschäftsführer der Mitgliedseinrichtungen (Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg) halbjährlich zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und der Arbeitsmarktentwicklung. Das Ergebnis des BWKG-Indikators 1/2016 ist als Anlage beigefügt.

 

Ihre Ansprechpartnerin:
Annette Baumer, Referentin für Presse und Politik
Tel.: 0711 25777-45, baumer@bwkg.de