04.12.2013

BWKG-INDIKATOR unterstreicht Handlungsdruck für neue Bundesregierung

Reumann: Gesundheitseinrichtungen haben klare Erwartungen an Umsetzung des Koalitionsvertrags

„Der Koalitionsvertrag bietet durchaus positive Ansätze für die baden-württembergischen Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen. Vieles ist aber noch unklar und mancher Punkt könnte auch zu Lasten der Gesundheitseinrichtungen umgesetzt werden. Um hier Fehlentwicklungen zu vermeiden, muss die neue Bundesregierung die kritischen Punkte aufgreifen und mutig umsetzen. „Hierzu haben die Gesundheitseinrichtungen ganz konkrete Erwartungen an die neue Bundesregierung“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Thomas Reumann, bei der heutigen Veröffentlichung des BWKG-INDIKATORS. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die wirtschaftliche Situation der Gesundheitseinrichtungen im Land nach wie vor alles andere als rosig sei, müsse schnell gehandelt werden.

Die Ergebnisse des aktuellen BWKG-INDIKATORS zeigen, dass sich die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser im Land auf einem sehr schwierigen Niveau leicht erholt. Für 2013 rechnen aber noch immer 44,4 % der Krankenhäuser mit einem negativen Jahresabschluss. „Durch unsere Regionalveranstaltungen im ersten Halbjahr diesen Jahres ist es uns gelungen, die verantwortlichen Politiker davon zu überzeugen, dass sie schnell handeln müssen“, so der Vorstandsvorsitzende, der auch Reutlinger Landrat ist. Die damals beschlossenen Finanzhilfen des Bundes führen nun zu einer gewissen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation. Dass diese Hilfe ankomme, zeige sich auch an der verbesserten Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Situation durch die Krankenhäuser.

„Ende 2014 laufen die Finanzhilfen aus und wir erwarten, dass die neue Bundesregierung hier nachhaltige Lösungen schafft“, so Reumann. Dass die Krankenhäuser im Land der neuen Bundesregierung einen großen Vertrauensvorschuss geben, zeigten die Erwartungen für die nächsten zwölf Monate: Sie entwickeln sich positiv. „Die Krankenhäuser vertrauen darauf, dass die neue Regierung für eine solide und faire Krankenhausfinanzierung sorgt“, so Reumann. Die Finanzierung der steigenden Personal- und Sachkosten werde im Koalitionsvertrag zumindest angesprochen. Allerdings fehle es hier noch an konkreten Formulierungen. „Unverständlich ist für uns, dass das Thema Investitionsfinanzierung völlig aus dem Koalitionsvertrag herausgefallen ist“, betonte Reumann. Hier müsse die neue Regierung dringend nacharbeiten.

Das Thema „Qualität im Krankenhaus“ spielt im Koalitionsvertag eine zentrale Rolle. „Die Krankenhäuser haben keine Angst davor, ihre Qualität offen darzustellen“, so Reumann. Voraussetzung sei aber, dass die Qualitätsindikatoren valide, transparent und wissenschaftlich fundiert sind. Dafür biete das geplante Qualitätsinstitut eine Chance. Es dürfe aber kein bürokratisches Monster entstehen.

„Was auf jeden Fall verhindert werden muss, ist ein Bundesbasisfallwert, der die Besonderheiten der baden-württembergischen Krankenhausstruktur nicht berücksichtigt“, machte der Vorstandsvorsitzende klar. Auch ein schleichender Einstieg in Selektivverträge sei abzulehnen.

Die wirtschaftliche Situation der Reha-Einrichtungen ist nach wie vor außerordentlich problematisch. 44,7 % der Einrichtungen gehen davon aus, dass sie 2013 rote Zahlen haben werden. Positiv ist in der Koalitionsvereinbarung, dass der Reha-Deckel in der Rentenversicherung zumindest in Frage gestellt wird. „Wir fordern eine Aufhebung des Reha-Budgets, mindestens aber die Einführung eines ‚Demografiefaktors‘, der den steigenden Reha-Bedarf der alternden Bevölkerung abbildet“, erklärte Matthias Einwag, der Hauptgeschäftsführer der BWKG.

Bei den Erwartungen zur Entwicklung der wirtschaftlichen Situation in den kommenden zwölf Monaten zeigt sich bei den Reha-Kliniken nach einem positiven Ausschlag im Frühjahr ein deutlicher Rückgang. Diese Entwicklung ist wohl auf die vor wenigen Monaten eingesetzte Reha-Schiedsstelle zurückzuführen und auf die anschließende Enttäuschung, dass sie den Reha-Einrichtungen nicht zu einer leistungsgerechten Vergütung verhelfen kann. „In der Koalitionsvereinbarung fehlt der Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung für die Reha-Einrichtungen. Ohne ihn bleibt die Reha-Schiedsstelle letztlich zahnlos“, unterstrich Einwag.

Begrüßt wird von der BWKG, dass dem Grundsatz „Reha vor Pflege“ im Koalitionsvertrag besonderes Gewicht gegeben wird. Die anteilige Finanzierung geriatrischer Rehabilitationsleistungen aus der Pflegeversicherung macht unter der Voraussetzung Sinn, dass die zusätzlichen Mittel durch den höheren Pflegebeitrag oder durch eine Umschichtung aus der GKV finanziert werden.

Die von der Koalition vorgesehene Stärkung der Prävention wird grundsätzlich befürwortet. Bedauerlich ist, dass die ursprünglich vorgesehene Aufstockung der GKV-Mittel für die Prävention in der Endversion des Koalitionsvertrages gestrichen wurde. „Wir fordern die neue Bundesregierung auf, der gewollten Förderung der Prävention auch eine finanzielle Basis zu geben“, so Einwag. Hierzu müsse nur die schon einmal vorgesehene Regelung umgesetzt werden.

Die wirtschaftliche Situation der Pflegeeinrichtungen ist nach wie vor schwierig. 41,7 % der Pflegeeinrichtungen rechnen für 2013 mit roten Zahlen. Vor diesem Hintergrund begrüßt die BWKG die Festlegung der Koalition, die Pflegeversicherung mit mehr Geld auszustatten. Die Erhöhung des Beitrags zur Pflegeversicherung um 0,3-Prozentpunkte zum 1. Januar 2015 dient in erster Linie der Finanzierung von zusätzlichem Betreuungspersonal und eines Pflegefonds.

„Die Umsetzung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs muss möglichst schnell erfolgen“, so Einwag. Es dürfe nicht sein, dass diese längst überfällige Reform wieder auf die lange Bank geschoben werde. Außerdem müsse die Bundesregierung für eine ausreichende Finanzierung sorgen. Denn ob die vorgesehene Erhöhung von 0,2-Prozentpunkten des Pflegebeitrags hierfür ausreichen wird, sei unklar.

 

Bei Umfrage zum BWKG-INDIKATOR befragt die BWKG die Geschäftsführer der Mitgliedseinrichtungen (Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen) halbjährlich nach ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und der Arbeitsmarktentwicklung. Das Ergebnis des BWKG-Indikators Herbst 2013 ist als Anlage beigefügt (Anlage korrigiert; erste Grafik auf Seite 3 ausgetauscht).