11.07.2013

BWKG-Indikator: Jede zweite Gesundheitseinrichtung in 2012 defizitär

BWKG: Notwendigkeit der Krankenhausfinanzhilfen eindrucksvoll bestätigt

„Die Ergebnisse des aktuellen BWKG-Indikators bestätigen eindrucksvoll die Notwendigkeit der von Bundesregierung und Bundesrat beschlossenen Soforthilfe für die Krankenhäuser in den Jahren 2013 und 2014“, fasste der gerade wiedergewählte Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Thomas Reumann, die zentralen Ergebnisse des aktuellen BWKG-Indikators zusammen, den er heute in Stuttgart vorstellte. Diese Zahlen seien die direkte Folge der jahrelangen Unterfinanzierung der Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen. „Die schlechte finanzielle Situation der Gesundheitseinrichtung im Land hat sich in 2012 verfestigt“, unterstrich Reumann.

„Die Politik muss die durch das Nothilfepaket erreichte Atempause nutzen, um die Finanzierung der Gesundheitseinrichtungen auf stabile Füße zu stellen“, machte der Vorstandsvorsitzende, der gleichzeitig Reutlinger Landrat ist, deutlich. Die Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen nehmen zentrale Aufgaben bei der Versorgung der Menschen ein. Den Einrichtungen und damit der zuverlässigen Versorgung der Menschen sei mit einer atemlosen Politik mit dem Wechsel von Sparopfern und Hilfspaketen nicht geholfen.

Nach den Ergebnissen des aktuellen BWKG-INDIKATORS rechnet unverändert die Hälfte der Krankenhäuser für 2012 mit einem negativen Jahresabschluss (49,3%). „Wir sind deshalb dankbar, dass es uns im Rahmen unserer Regionalveranstaltungen gelungen ist, die verantwortlichen Politiker zu gewinnen schnell zu handeln“, so Reumann. Die jetzt beschlossene Finanzhilfe des Bundes verbessere die Lage der Krankenhäuser in den Jahren 2013 und 2014 spürbar. Mit zusätzlich 50 Millionen Euro für Baden-Württemberg werde die in 2013 bestehende Lücke von 70 Millionen Euro nicht ganz geschlossen. „Dennoch ist die Nothilfe ein tragbarer Kompromiss, denn entscheidend ist, dass ein großer Teil der Hilfen in Form eines festen Zuschlags noch in diesem Jahr direkt bei den Krankenhäusern ankommt“, betonte Reumann.

Als Folge der Entlastung durch die Politik seien die Erwartungen zur Entwicklung der wirtschaftlichen Situation für die kommenden zwölf Monate lange nicht mehr so pessimistisch wie noch im Oktober 2012. Das Hilfspaket könne aber nicht alle Probleme der Krankenhäuser lösen. Was ab 2015 auf die Krankenhäuser zukomme, sei völlig unklar. Die BWKG wird deshalb die grundlegende unverzichtbare Reform der Krankenhausfinanzierung nach der Wahl schnell auf die politische Agenda setzen. Die Kernforderungen seien klar:

  1. Ein Krankenhaus, das bedarfsgerecht ist und wirtschaftlich arbeitet, muss ohne zusätzliche Fälle in der Lage sein, die Betriebskosten zu decken. Die tarifbedingten Personalkostensteigerungen und steigende Sachkosten, etwa im Energiebereich oder bei den Prämien der Haftpflichtversicherung, müssen voll finanziert werden. Außerdem muss der Mechanismus, dass bei steigenden Patientenzahlen im Land der Erlös je Fall für alle Krankenhäuser sinkt, ein für alle Mal gestrichen werden. Die jetzt vorgesehenen Maßnahmen im Hilfspaket bringen nur eine Verbesserung für die Jahre für 2013 und 2014.

  2. Die Investitionskosten der Krankenhäuser müssen vom Land finanziert werden. Hierauf haben die Krankenhäuser einen Rechtsanspruch. Dennoch besteht bei den dringlichen Bauprojekten ein Investitionsstau im Umfang eines hohen dreistelligen Millionenbetrags in Baden-Württemberg. Das Land hat bereits erste Schritte zur Aufstockung der Investitionsfinanzierung gemacht, denen aber weitere mutige Schritte folgen müssen, um den bestehenden Investitionsstau abzubauen.

Die wirtschaftliche Situation der Rehaeinrichtungen ist nach wie vor außerordentlich problematisch. Nach den Ergebnissen des aktuellen BWKG-Indikators hatten mehr als die Hälfte der Einrichtungen in 2012 rote Zahlen (51,5%), Mehr als vier Fünftel konnten in 2013 keinen positiven Jahresabschluss verzeichnen (83,9%).

Trotz dieser außerordentlich schwierigen Situation haben sich die Erwartungen für die Entwicklung der kommenden zwölf Monate deutlich verbessert. Das ist wohl auf die vor wenigen Monaten eingesetzte Reha-Schiedsstelle zurückzuführen. Mit ihr soll es den Rehaeinrichtungen ermöglicht werden, leistungsgerechte Vergütungen durchzusetzen. „Das einzige bisher abgeschlossene Verfahren lässt uns allerdings befürchten, dass die Einrichtung der Schiedsstelle allein nicht genügen wird, um leistungsgerechte Vergütungen durchzusetzen“ erläuterte der Hauptgeschäftsführer der BWKG, Matthias Einwag. Die Rehabilitationseinrichtungen sähen sich ähnlichen Kostensteigerungen gegenüber wie die Krankenhäuser. Diese müssten auch finanziert werden. Außerdem dürfe es angesichts der demografischen Entwicklung bei der Reha keine Deckelungen geben. Die BWKG fordert deshalb:

  1. Der Anspruch auf eine leistungsgerechte Vergütung muss gesetzlich festgeschrieben werden. Auch bei den Rehaeinrichtungen muss gewährleistet sein, dass der Orientierungswert voll umgesetzt wird.

  2. Das Reha-Budget der Deutschen Rentenversicherung muss aufgehoben werden. Zumindest muss die von der Bundesregierung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Rentenreform in Aussicht gestellte Anhebung des „Reha-Deckels“ um eine so genannte Demografie-Komponente umgehend umgesetzt werden.

  3. Reha vor Pflege: Es muss eine Kostenerstattungsregelung von der Pflege- an die Krankenversicherung geben. Für die Krankenversicherung fehlen bei älteren Versicherten Anreize für die Finanzierung von erforderlichen und erfolgversprechenden Rehabilitationsleistungen. Grund ist, dass der Nutzen einer Rehabilitation von älteren oder bereits pflegebedürftigen Versicherten zu einem großen Anteil nicht der Krankenkasse, sondern der Pflegekasse zugutekommt, während die Ausgaben für die Rehabilitationsmaßnahme voll zu Lasten der Krankenkasse gehen.

Die wirtschaftliche Situation der Pflegeeinrichtungen verschlechtert sich. So ist die Zahl der Pflegeeinrichtungen mit einem negativen Jahresabschluss so hoch wie noch nie zuvor in den BWKG-Indikatorumfragen. 44,5% der Pflegeeinrichtungen hatten 2012 rote Zahlen. 64,3% konnten keinen Jahresüberschuss verzeichnen. Besonders auffallend ist, dass sich die Erwartungen der Pflegeeinrichtungen in den BWKG-Indikatorumfragen im Gegensatz zu denen der Krankenhäuser und der Rehaeinrichtungen nicht verbessern. Dies dürfte mit der Enttäuschung über die in der laufenden Legislaturperiode ausgebliebene grundsätzliche Reform der Pflegeversicherung, ihrer Leistungen und der Definition eines neuen Pflegebegriffs zusammenhängen. Ein besonderes Alarmzeichen ist es, dass es für die Pflegeeinrichtungen immer schwieriger wird, die Ausbildungsplätze in der Altenpflege zu besetzen. Im Frühjahr 2011 hatten nur 36,8% der Einrichtungen Schwierigkeiten, freie Ausbildungsplätze zu besetzen. Jetzt – nur zwei Jahre später – sind dies schon 47,7% der Einrichtungen.

  1. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff muss neu definiert werden und die sich daraus ergebenden Mehrkosten, etwa durch bessere Personalschlüssel, müssen finanziert werden.

  2. Die Pflegeeinrichtungen müssen von unnötiger Bürokratie durch Doppeldokumentationen sowie zeitlich und inhaltlich nicht abgestimmte Begehungen entlastet werden, damit dem Personal mehr Zeit für die eigentliche Pflege bleibt.

  3. Die Finanzierung der Ausbildungs- und Pflegeeinrichtungen muss so gestaltet sein, dass sie ihren Mitarbeitern attraktive Arbeitsplätze und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten bieten können.

  4. Die in § 30 SGB XI geregelte Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung muss tatsächlich umgesetzt werden. Nur so lässt sich verhindern, dass immer mehr alte Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft e.V. ist ein Zusammenschluss von insgesamt 420 Trägern mit 222 Krankenhäusern, 449 Pflege- und 118 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die über insgesamt 107.631 Betten verfügen. Sie wurde 1953 von den vier regionalen Krankenhausverbänden und -arbeitsgemeinschaften gegründet, die es damals auf dem Gebiet des heutigen Landes Baden-Württemberg gab. Die BWKG steht Einrichtungen unabhängig von deren Rechtsform und Trägerstruktur offen. Die Mitgliedschaft ist freiwillig.