08.11.2019

BWKG zum MDK-Reformgesetz: Als Reform gestartet, als Straf- und Finanzkürzungsgesetz geendet

Piepenburg: "Es ist absurd, Kliniken zu bestrafen, wenn sie im Patienteninteresse handeln"

„Der ursprüngliche Gesetzentwurf enthielt gute Ansätze für die dringend notwendige Reform des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Daraus ist nun ein Krankenhaus-Bestrafungsgesetz geworden“, stellt der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft, Detlef Piepenburg, als Bewertung zum gestern vom Bundestag verabschiedeten Gesetz fest. Statt der erhofften Bürokratieentlastung bringe das Gesetz weitere Finanzkürzungen. „Das hat in den Krankenhäusern Entsetzen ausgelöst, denn schon heute arbeitet jede zweite Klinik im Südwesten mit einem Defizit, während die Krankenkassen Milliardenreserven anhäufen“, ergänzt Piepenburg.

Anlass sind die Änderungsanträge, die kurz vor der Schlussabstimmung das Gesetz nochmals deutlich zulasten der Krankenhäuser verschärft haben. So wurde festgelegt, dass Krankenhäuser für jede Krankenhausrechnung, deren Überprüfung eine Minderung des Rechnungsbetrags zur Folge hat, neben einer Rückzahlung noch zusätzlich eine Strafzahlung von mindestens 300 Euro bezahlen müssen. „Faire Überprüfungen der Krankenhausabrechnungen werden selbstverständlich akzeptiert“, stellt Piepenburg klar. „Aber mit den Änderungen wird die Grundausrichtung des Gesetzes verändert. Bislang war es Ziel, durch verschiedene Maßnahmen die Anzahl der Prüfungen deutlich zu reduzieren. Durch die Einführung von Strafzahlungen werden die MDK-Prüfungen nun zu einem Finanzierungsinstrument der im Wettbewerb stehenden Krankenkassen. Damit haben die Krankenkassen kein Interesse mehr an einvernehmlichen Lösungen und einer Reduzierung der Prüfungen“, erläutert Piepenburg.   

Zum Hintergrund: Bei Einführung des DRG-Systems im Jahr 2003 waren MDK-Prüfungen eingeführt worden, um die Patienten vor zu geringen Verweildauern zu schützen. Heute haben mehr als 50% der Prüfungen eine Kürzung der Vergütung wegen angeblich zu langer Verweildauern zum Ziel. Bei einem großen Teil dieser Verweildauerprüfungen wird den Krankenhäusern Geld abgezogen, weil sie aus Fürsorge die Patienten wegen fehlender Nachversorgungsmöglichkeiten – z.B. wegen fehlenden Kurzzeitpflege- oder Dauerpflegeplätzen – noch im Krankenhaus belassen. „Wer heute für einen Angehörigen einen Pflegeplatz oder einen Kurzzeitpflegeplatz sucht, weiß um die Schwierigkeiten und dass häufig nur nach erheblichen Wartezeiten eine Lösung gefunden werden kann. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Krankenhäuser nun auch noch dafür bestraft werden sollen, dass sie die Patienten in solchen Situationen noch länger betreuen“, so Piepenburg. Allein für Baden-Württemberg dürfte die Zahl dieser Fälle pro Jahr deutlich über 10.000 liegen.

Gegen eine Korrektur von Abrechnungsfehlern in dem hochkomplexen Abrechnungssystem gibt es keine Einwände. „Aber Strafzahlungen müssen sofort wieder gestrichen werden“, fordert der BWKG-Vorstandsvorsitzende

Außerdem müsse der Gesetzgeber umgehend unbürokratische Lösungen zur Stärkung der Kurzzeitpflege in Kraft setzen. Vorschläge dazu lägen auf dem Tisch. Die BWKG begrüßt und unterstützt beispielsweise ausdrücklich die Initiative der Bundestagsabgeordneten Heike Baehrens (SPD) und Lothar Riebsamen (CDU) zur Stärkung der Kurzzeitpflege. Beide haben die Bundesregierung aufgefordert, durch die Sicherstellung einer wirtschaftlich tragfähigen Vergütung für den notwendigen Ausbau der Kurzzeitpflege zu sorgen.

Darüber hinaus muss auch umgehend sichergestellt werden, dass das überdurchschnittliche Lohnniveau in Baden-Württemberg von den Krankenkassen finanziert wird. Denn im Hochlohnland Baden-Württemberg werden deutlich höhere Vergütungen für die Beschäftigten in den Krankenhäusern bezahlt als im Bundesdurchschnitt. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Vergütung der Krankenhäuser berücksichtigt das aber nicht. „Das ist ein großer Systemfehler, der schnellstmöglich behoben werden muss“, ergänzt Piepenburg. Das Geld dafür sei im Überschuss vorhanden. Schließlich würden von den überdurchschnittlich hohen Löhnen der Versicherten in Baden-Württemberg auch überdurchschnittlich hohe Beiträge für die Krankenversicherung bezahlt.

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