04.10.2018

Krankenhäuser in Baden-Württemberg - Verlierer der Pflegereform?

Piepenburg: Korrektur des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes zwingend erforderlich

„Weniger statt mehr Geld? Die beabsichtigte Pflegereform könnte die Krankenhäuser im Land über 20 Millionen Euro kosten“, erklärt der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Detlef Piepenburg, zum Entwurf des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG). Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Pflege im Krankenhaus entlasten und so die Versorgung der Patienten verbessern. „Das ist absolut sinnvoll. Aber ohne Änderungen wird das Gesetz zu einer Verschlechterung der Situation in Baden-Württemberg führen“, befürchtet der Vorstandsvorsitzende, der auch Landrat des Kreises Heilbronn ist.

„Einerseits sollen 40 Mio. Euro zusätzlich für die Pflegefachkräfte in den Krankenhäusern im Land zur Verfügung gestellt werden. Andererseits sieht der Gesetzentwurf aber die Streichung des Pflegezuschlags vor, der in Baden-Württemberg mehr als 60 Mio. Euro ausmacht. Unterm Strich heißt das: Mindestens 20 Mio. Euro weniger für die Krankenhäuser im Land“, rechnet Piepenburg vor. Und damit nicht genug. Die bisher gut 60 Mio. Euro konnten die Krankenhäuser für das gesamte Personal einsetzen. Die gekürzten Mittel sollen nun nur noch für das Pflegepersonal eingesetzt werden dürfen. „Mit weniger Geld und weniger Flexibilität lässt sich keine bessere Patientenversorgung erreichen. Der Pflegezuschlag muss erhalten bleiben“, so Piepenburg.

„Und ein ganz zentrales Problem wird im Pflegepersonal-Stärkungsgesetz bisher überhaupt nicht berücksichtigt. Das überdurchschnittliche Preis- und Lohnniveau im Land führt nach wie vor nicht zu einem höheren Landesbasisfallwert. Das ist aber auch weiterhin unbedingt erforderlich, denn die überdurchschnittlichen Gehälter betreffen ja alle Berufsgruppen“, so der Vorstandsvorsitzende weiter. Der Landesbasisfallwert müsse als die entscheidende Größe für die Finanzierung der Krankenhäuser endlich die realen Kosten abbilden. Die überdurchschnittlichen Kosten im Land werden bislang aufgrund der rechtlichen Vorgaben nicht in den Krankenhauserlösen berücksichtigt. Dies bedeutet eine erhebliche Benachteiligung baden-württembergischer Krankenhäuser im Vergleich mit anderen Bundesländern. Die Folge ist, dass fast 50% der Kliniken im Land im Jahr 2017 nach den Zahlen des BWKG-Indikators ein Defizit hatten. In seiner Stellungnahme zum Pflegepersonal-Stärkungsgesetz greift der Bundesrat – nicht zuletzt auf Initiative des Landes Baden-Württemberg – erstmals diese langjährige Forderung der BWKG auf, das überdurchschnittliche Lohnniveau beim Landesbasisfallwert zu berücksichtigen. „Wir begrüßen die Forderung des Bundesrates ausdrücklich und appellieren an die Abgeordneten, dieser im Bundestag zuzustimmen“, so Piepenburg. Nur so werde sichergestellt, dass zumindest in der Zukunft nicht bei Ärzten, OP-Assistenten, medizinischen Fachkräften, Therapeuten oder Technikern gespart werden muss.

„Nur wenn die Krankenhäuser ihren Mitarbeitern marktgerechte Gehälter bezahlen können, werden die Fachkräfte nicht ins Ausland oder in andere Branchen abwandern“, macht der Vorstandsvorsitzende deutlich. Aktuell sind mindestens 400 Stellen bei den Ärzten und 1200 bei den Pflegekräften nicht besetzt. Und schon lange versuchen die Kliniken, mit fachkräftesparenden Innovationen und verstärkter Ausbildung dem Personalmangel zu begegnen. Hierfür erwarten sie Unterstützung von der Politik. Der Gesetzentwurf berücksichtigt bislang aber nur zukünftige Innovationen. Wenn das nicht korrigiert wird, bleiben die bereits umgesetzten Innovationen in der Finanzierung außen vor und es würden letztlich die Häuser bestraft, die bereits aktiv geworden sind.

Der Gesetzentwurf beinhaltet auch eine Regelung zur Ausbildung. Danach soll nur das erste Ausbildungsjahr der angehenden Pflegekräfte voll finanziert werden. „Um mehr Ausbildungsplätze in der Krankenpflege zu schaffen, muss sichergestellt werden, dass die gesamte Ausbildung von den Krankenkassen vollumfänglich finanziert wird“, fordert der Vorstandsvorsitzende. Nur so werde tatsächlich ein Anreiz geschaffen, zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen.

„Das Ziel der Bundesregierung, mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz die Pflege im Krankenhaus zu entlasten und so die Versorgung der Patienten zu verbessern, wird nur erreichbar sein, wenn der Entwurf in den genannten Punkten überarbeitet wird.“, so das abschließende Fazit des BWKG-Vorstandsvorsitzenden.

Ihre Ansprechpartnerin:
Annette Baumer
Referentin für Presse und Politik
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