21.11.2019

Neue MDK-Rechnungsprüfungen bestrafen verantwortungsbewusste Krankenhäuser

Piepenburg: Patientenbeispiele machen Ungerechtigkeit deutlich – Aufschlagszahlungen müssen sofort zurückgenommen werden

Das MDK-Reformgesetz wurde vom Bundestag am 07.11.2019 beschlossen. Kurz vor der Schlussberatung wurden hierzu noch Änderungsanträge eingefügt, die die Krankenhäuser sehr belasten. So wurde festgelegt, dass durch MDK-Prüfungen ausgelöste Rechnungsminderungen automatisch eine „Aufschlagszahlung“ von mindestens 300 Euro auslösen. „Wenn man mal genau hinschaut und sieht, welche Patientengruppen von diesen MDK-Prüfungen betroffen sind, kann es nur eine Bewertung geben: Diese Regelung ist ein Skandal, denn sie bestraft die Krankenhäuser dafür, dass sie ihre Verantwortung für die Patienten sehr ernst nehmen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Detlef Piepenburg. „Wir fordern den Gesetzgeber auf, die Aufschlagszahlungen sofort zurückzunehmen“, so Piepenburg weiter. Richtig wäre es darüber hinaus, wenn die Krankenhäuser eine angemessene Vergütung dafür erhielten, dass sie die Patienten weiter versorgen, deren Entlassung nicht verantwortbar ist. Dass der Gesetzgeber hier handeln muss, hat ein aktuelles Urteil des Bundessozialgerichts vom 19.11.2019 ausdrücklich bestätigt. Die Möglichkeit zu Gesetzesänderungen bestünde beispielsweise im laufenden Gesetzgebungsverfahren zum „Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz“.

„Heute haben mehr als 50% der MDK-Prüfungen angeblich zu lange Verweildauern im Blick“, so der Vorstandsvorsitzende und Landrat des Kreises Heilbronn. Grund für diese Verweildauern sei aber häufig, dass eine Anschlussversorgung fehle. „Wenn es keinen Kurzzeitpflegeplatz gibt, der ambulante Pflegedienst oder das Pflegeheim keine Kapazitäten frei hat oder die Reha-Klinik erst in ein oder zwei Wochen einen freien Reha-Platz hat, kann das Krankenhaus den Patienten oder die Patientin ja nicht einfach auf die Straße setzen“, unterstreicht Piepenburg. Der MDK unterstelle bei seinen Krankenhausprüfungen dagegen eine „optimale Versorgungswelt“ im Umfeld der Krankenhäuser, in der jede gewünschte Anschlussversorgung sofort verfügbar ist. Aufgrund dieser unzutreffenden Annahme werde den Kliniken dann die Vergütung für die Versorgung der Patienten reduziert. Mit der jetzt vorgesehenen Neuregelung der MDK-Rechnungsprüfungen sollen die Krankenhäuser zusätzlich auch noch eine „Aufschlagszahlung“ in Höhe von mindestens 300 Euro an die Krankenkassen bezahlen. „Schon die Tatsache, dass den Krankenhäusern die verantwortungsbewusste Versorgung ihrer Patienten nicht bezahlt wird, ist absolut nicht nachvollziehbar. Die Kliniken jetzt aber auch noch dafür zu bestrafen, das geht zu weit“, sagt Piepenburg.

Dass diese Patienten schneller entlassen werden könnten, sei häufig blanke Theorie und könne nur vom grünen Tisch und im Nachhinein von MDK-Prüfern so entschieden werden, die in der aktuellen Versorgungssituation keine Verantwortung für die Patientenbehandlung trügen. Der lapidare Hinweis der MDK-Prüfer, dass eine ambulante Diagnostik und Therapie ausreiche oder die Entlassung bei Sicherstellung einer adäquaten pflegerischen Versorgung möglich sei, sei für Ärzte und Pflegepersonal nicht nachvollziehbar, wenn dies für den konkret betroffenen Patienten einfach nicht machbar sei.

„Offensichtlich ist nicht klar, für welche Patienten „Aufschlagszahlungen“ geleistet werden sollen. Deshalb haben wir uns entschlossen, anonymisierte Informationen zu tatsächlichen MDK-Prüffällen aus Baden-Württemberg beispielhaft zu veröffentlichen“, ergänzt der BWKG-Vorstandsvorsitzende. Piepenburg schildert zur Illustration der tatsächlichen und alltäglichen Situation in den Krankenhäusern einen typischen Fall aus den SLK-Kliniken in Heilbronn:

Eine 94-jährige Patientin wurde aufgrund von Herzrhythmusstörungen aufgenommen. Ihr wurde ein Herzschrittmacher implantiert. Bis zur Aufnahme ins Krankenhaus hat sich die Patientin mit geringer Unterstützung eines Pflegedienstes selbst versorgt. Da eine direkte Entlassung nach Hause wegen des reduzierten Allgemeinzustands nicht möglich war, wurde eine geriatrische Rehabilitation angestrebt. Ein geriatrischer Reha-Platz stand zum Zeitpunkt der geplanten Entlassung noch nicht zur Verfügung. Der MDK hat eine frühere Entlassung dennoch für möglich gehalten und letztlich 5 Tage gestrichen (- 1.473 €).

„Dies ist nur ein exemplarischer Fall. In nur wenigen Tagen haben wir in Baden-Württemberg viele weitere Beispiele gesammelt und es werden sicherlich noch viele dazu kommen“, so der Vorstandsvorsitzende.

Weitere Beispiele sind als Anlage zu dieser Pressemitteilung beigefügt. Diese Liste wird laufend aktualisiert und auf der Homepage der BWKG bereitgestellt.