07.05.2008

Pressekonferenz anlässlich des Kampagnenauftakts "Gesundheitsfonds - so nicht"





Statement

Landrat Franz Weber, Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V., Stuttgart

Es gilt das gesprochene Wort

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Gesundheitsfonds soll zum 1.1.2009 starten. Dieses Datum scheint zementiert. Aber noch ist etwas Zeit und es besteht zumindest die Hoffnung, dass die Bundesregierung noch zur Einsicht kommt. Voraussetzung dafür ist, dass jede Möglichkeit, die Argumente gegen den Gesundheitsfonds vorzubringen, genutzt wird. Daher haben wir uns von Seiten der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft der Initiative der Kassenärztlichen Vereinigung gegen den Gesundheitsfonds gerne angeschlossen.

Aus Sicht der baden-württembergischen Krankenhäuser sprechen insbesondere zwei Argumente gegen den Gesundheitsfonds. Zum einen ist der Gesundheitsfonds zutiefst leistungsfeindlich und benachteiligt die Länder, die überdurchschnittlich erfolgreich sind. Zum anderen besteht für die Krankenhäuser im Land die Gefahr, dass der Gesundheitsfonds zum Vorwand genommen wird, ihnen grundlos weitere Mittel zu entziehen.

Unsere grundsätzlichen ordnungspolitischen Bedenken beziehen sich auf die Situation des gesamten Gesundheitswesens in Baden-Württemberg.

Das aktuelle Gutachten von Wasem hat eindrucksvoll belegt, was wir hier im Land von Anfang an befürchtet haben: Der Gesundheitsfonds ist ein gigantisches Umverteilungsinstrument, das zu Lasten von Ländern wie Baden-Württemberg geht.

Unser Problem hier im Land ist, dass wir so erfolgreich sind und etwa überdurchschnittlich verdienen. Das ist ein deutliches Zeichen für den wirtschaftlichen Erfolg. Folge ist allerdings, dass die Baden-Württemberger überdurchschnittlich viel in die Gesetzliche Krankenversicherung einbezahlen.

Und zwar schon jetzt werden 92 Prozent der Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung mit dem bisherigen Risikostrukturausgleich nivelliert. Von jedem zusätzlich in die Krankenkassen eingezahlten Euro werden 92 Cent unter allen 16 Bundesländern verteilt. 8 Cent bleiben in Baden-Württemberg als kleine Prämie für die erreichten Erfolge. Damit ist eine Schmerzgrenze erreicht, die vielleicht noch mit dem Solidaritätsgedanken gerechtfertigt werden kann. Die Frage ist wie bei jeder Medizin die Dosis – wann wird aus Solidarität Ungerechtigkeit?

Der Gesundheitsfonds überschreitet eindeutig die Grenze zwischen solidarisch und ungerecht. In Zukunft soll die unterschiedliche Finanzkraft der Kassen zu 100 Prozent ausgeglichen werden. Damit wird ein Land wie Baden-Württemberg für seine Effizienz und Leistungsfähigkeit bestraft. Jeder zusätzliche Euro an GKV-Beiträgen verschwindet im Fonds und wird unter allen Ländern verteilt. Das Land erhält keinerlei Prämie für seine überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit. Damit wird jeglicher Leistungsanreiz zunichte gemacht.

Ohne Leistungsanreiz kann ein Wettbewerb aber nicht funktionieren – und dieser ist im Gesundheitswesen gefordert. Daher hinkt auch der Vergleich mit der Renten- und Arbeitslosenversicherung, die von Herrn Rürup immer wieder ins Feld geführt wird. Im Gegensatz zu diesen zentralen staatlichen Organisationen handelt es sich bei den Leistungen der Gesundheitseinrichtungen nicht um Transferleistungen, sondern um Dienstleistungen, für die ein regionaler Wettbewerb besteht.

Man wird von den Leistungserbringern nicht erwarten können, dass sie möglichst effizient arbeiten, wenn die regionalen Effizienzgewinne zu 100 % abgeschöpft werden.

Damit möchte ich zum krankenhausspezifischen Argument kommen:

Mit der Einführung des Gesundheitsfonds wird immer wieder die Forderung nach der Einführung eines bundesweiten Basisfallwerts verbunden. Es wird behauptet, seine Einführung sei eine zwingende Folge des Fonds und darüber hinaus auch noch gerecht. Dies ist völlig falsch.

Der Landesbasisfallwert – also der Preis für die Krankenhausleistungen im Land – liegt über dem Bundesdurchschnitt. Bei der Einführung eines bundesweiten Basisfallwerts besteht die Gefahr, dass den Krankenhäusern im Land grundlos weitere Mittel entzogen werden.

Nicht beachtet wird, dass unser Landesbasisfallwert zwangsläufig über dem Bundesdurchschnitt liegen muss, da die Fallzahlen im Land unterdurchschnittlich sind. Es werden nur diejenigen Fälle im Krankenhaus behandelt, die nicht ambulant behandelt werden können. Die im Krankenhaus verbleibenden Fälle sind zwangsläufig schwerer und müssen daher einen höheren Preis haben.

Wichtig ist, dass die Krankenhauskosten je Einwohner in Baden-Württemberg die niedrigsten im ganzen Bundesgebiet sind. Diese Kosten sind die entscheidende Zahl, nicht der Preis für einzelne Krankenhausleistungen. Daher dürften den Krankenhäusern durch den Gesundheitsfonds keine weiteren Mittel entzogen werden. Dennoch hätte die Einführung eines Bundesbasisfallwerts ohne Berücksichtigung der geringen Kosten je Einwohner genau das zur Folge. Damit würden die Krankenhäuser im Land für ihre Effizienz bestraft. Dies ist zutiefst ungerecht und leistungsfeindlich.

Ich denke, diese beiden Argumente gegen den Gesundheitsfonds zeigen, wo der Hase im Pfeffer liegt. Der Gesundheitsfonds ist zentralistisch und nivelliert die Gesundheitsversorgung auf einem niedrigen Niveau. Leistungen lohnen sich nicht und mögliche Verbesserungen in der Versorgung der Patienten werden so verspielt.
 
Es ist höchste Zeit, dass die Politik das einsieht und Konsequenzen zieht.